Karim El-Ishmawi über das Boston City Hall, Kunstinstallationen + mehr
Wann Karim El-Ishmawi Als Kind besuchte er oft ein Haus in einer kleinen Stadt in Bayern, Deutschland. Der einprägsame, in den Berghang integrierte Wohnsitz wurde von Hans Ziegler entworfen. Innen geräumig und vielschichtig, von außen kaum sichtbar, war das Bauwerk für den jungen El-Ishmawi mit einer Höhle vergleichbar. Als er es erkundete, wurde sein Interesse an Architektur geweckt.
Als Teenager experimentierte Karim El-Ishmawi mit verschiedenen Ausdrucksformen, von Graffiti über Film bis hin zu Installationen. Das ehemalige Ost-Berlin der 1990er Jahre war ein Ort, an dem seine Fantasie aufblühen konnte.
Karim El-Ishmawi \ Foto: Sebastian Dorken
Mit seinen Freunden (und Mitbegründern) Chris Middleton und Martin Jacobs konnte El-Ishmawi auf neue Weise experimentieren und erforschen. „Meine Leidenschaft war schon immer die Kreativität im Kollektiv“, sagt er. „Ideen einfach in die Tat umzusetzen schien in dieser Konstellation eine Selbstverständlichkeit zu sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese beiden Menschen meinen Antrieb und meine Kreativität stärker entfaltet haben, als es meine Eltern oder irgendjemand sonst jemals hätte tun können.“
El-Ishmawi hatte nie einen festen Karriereweg, aber 2005 gründete sich das Trio Kinzo. Das Team zeichnet sich durch einen ganzheitlichen und partizipativen Gestaltungsansatz aus und konzipiert neue Lebens- und Arbeitswelten. El-Ishmawi ist für Projektmanagement und Strategie verantwortlich und plant jeden Aspekt aus der Perspektive zukünftiger Nutzer.
Egal, was er sich ausdenkt, das Endergebnis ist dank seiner Zusammenarbeit mit Jacobs und Middleton besser. „Wir machen, was sich ergibt und interessant ist“, bemerkt El-Ishmawi. „Es ist sicherlich einfacher, ein Expertenteam mit klar definierten Fähigkeiten und einem Geschäftsplan innerhalb eines bestehenden Netzwerks aus Eltern und Bekannten zusammenzustellen. Aber das Gefühl, so etwas mit Freunden zu unternehmen, ist unschlagbar.“
Heute ist Karim El-Ishmawi bei Friday Five dabei!

Foto: Karim El-Ishmawi
1. Alvaro-Hilfe Boa Nova Teepavillon (1963)
Mein Partner Chris und ich fahren oft zusammen mit unseren Familien in den Urlaub. Zuletzt waren wir in Portugal im Raum Porto. Für Architekten ist es ein Wallfahrtsort und für die Familie einfach ein außergewöhnliches Erlebnis. Sizas Projekte in und um die Stadt integrieren sich ebenso gut in den Alltag wie in die Landschaft. Nehmen Sie zum Beispiel das Teehaus Boa Nova oder die Pools in Leça da Palmeira: Sie sind bemerkenswert szenografisch und wirken dennoch irgendwie wohlwollend und bescheiden.

Foto: Karim El-Ishmawi
Das ist so eine Berliner Zusammenarbeit! Gemeinsam mit dem Mode-/Kunstprojekt BLESS hat der Architekt Sam Chermayeff einen klassischen Mercedes-Benz mit einem Innenraum aus Holzperlen und einem Ofen im Kofferraum ausgestattet, um eine mobile Sauna zu schaffen – der Saunarider war zuletzt 2023 auf dem Salone in Mailand zu sehen. Heiß Scheiße!

Foto: Karim El-Ishmawi
Im Jahr 2015 verbrachte ich einige Zeit in Boston, da ich Gastprofessor am Wentworth Institute war. Mein erster Rundgang durch die Stadt führte mich direkt zu der Brutalisten-Ikone. Ich bin erstaunt, wie nah das Hässliche und das Erhabene beieinander liegen können.

Foto: Karim El-Ishmawi
Was als ganz normale Geschäftsreise nach Aarhus begann, entwickelte sich schnell zum Inbegriff ästhetischer Sinnesmodulation: ein Besuch im Spektralkreis von Olafur Eliasson auf dem Dach des ARoS-Kunstmuseums.

Foto: Andrea Bonso
Ich habe diese Installation im Alcova während der Mailänder Designwoche 2023 gesehen: Der Innenraum eines ehemaligen Kühlraums war vollständig mit metallisierten Blechen bedeckt, und aufgrund der Oxidation und Färbung fühlte ich mich durch die Lichtreflexion wie in einem Kaleidoskop. Die Jungs vom Designstudio Materica haben jedes Material effektvoll mit Echtmetall beschichtet. Glänzend und faszinierend!
Werke von Kinzo:

Foto: Sebastian Dörken
Admiralspalast (2023)
Der Admiralspalast an der Berliner Friedrichstraße, ein ikonisches Gebäude seit 1911, wurde von Kinzo Architekten zum Hauptsitz eines digitalen Dienstleisters umgestaltet. Dieses Projekt verbindet die reiche Geschichte des Gebäudes mit einem zukunftsweisenden Arbeitsbereich. Ursprünglich mit einer Eislaufbahn, Bowlingbahnen, einem Kino und einem römisch-russischen Spa ausgestattet, verkörperte der Admiralspalast die Opulenz der Goldenen Zwanziger Berlins. Kinzo Architekten haben historische Elemente wie Jugendstilmosaiken und Art-Déco-Fenster erhalten und in das neue Design integriert und so eine einzigartige Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart geschaffen. Das neu gestaltete Büro erstreckt sich über drei Etagen und bietet Räume für Zusammenarbeit, Rückzug und Einzelarbeit, mit dem Ziel, Mitarbeiter aus der Fernarbeit zurückzuholen. Zu den Highlights zählen ein Gemeinschaftsbereich mit einer dem ehemaligen Damenbecken nachempfundenen Sitzbank, ein für die moderne Nutzung adaptierter Ruheraum sowie ein großer Saal mit umlaufender Galerie und verschiedenen Themenräumen.

Foto: Schnepp Renou
Das Center Potsdamer Platz (2024)
Kinzo Architekten revitalisierten das Sony Center am Potsdamer Platz und verwandelten es in einen dynamischen Knotenpunkt für Gemeinschaft und Partizipation. Das ganzheitliche Placemaking-Konzept macht den Potsdamer Platz zu einem lebendigen Treffpunkt für Besucher und einem attraktiven Standort für Unternehmen, Einzelhändler und Gastronomie. Im Rahmen des Projekts wurden zielgerichtete Nutzungsformate für Gewerbe- und öffentliche Räume entwickelt, um den Standort wieder nahtlos in das Stadtgefüge zu integrieren. Lobby D, einst nur ein Durchgangsraum, bietet heute auf zwei Etagen Arbeits- und Besprechungsbereiche, darunter einen separaten Workshop-Raum. Die Renovierung umfasste den Rückbau der Innenfassade und die Erhöhung der Zwischendecke. Darüber hinaus wurde die Passerelle zu einem Fahrradabstellplatz mit Platz für über 200 Fahrräder umgebaut und verbindet den U- und S-Bahnhof Potsdamer Platz mit dem Sony Center Forum.

Foto: Sebastian Dörken
Nike One Central HQ (2020)
Der Nike Central HQ in Berlin-Friedrichshain fügt sich nahtlos in das städtische Gefüge des Viertels ein und schafft einen vielfältigen Bürocampus für bis zu 300 Mitarbeiter. Es verfügt über flexible Arbeitsbereiche, Bereiche für Influencer und Sportler, Ausstellungsräume und Sportanlagen. Das Gebäude, eine Mischung aus alter Tischlerei und Neubauten, geht von einem intakten Altbau in einen teilweise neuen Mittelteil und einen völlig neuen dritten Teil über, der der ursprünglichen Fassade entspricht. Der Campus umfasst den City Hub, einen zentralen Café- und Empfangsbereich neben einem Basketballplatz im Freien und eine Dachterrasse mit Urban Gardening. Nur 30 % der Fläche sind Standardbüroflächen, was ein dynamisches und agiles Arbeitsumfeld betont. Recycelte Materialien und Oberflächen spiegeln die Ursprünge und Philosophie der Marke wider, mit eindeutigem Branding für Nike und Converse.

Foto: Schnepp Renou
Postamt (2022)
Nach verschiedenen Zwischennutzungen durch die Berliner Kunst-, Kultur- und Clubszene wurde das Kaiserliche Postfuhramt, ein ehemaliges Postamt, 2012 von einem neuen Eigentümer übernommen und seitdem saniert. Sowohl architektonisch als auch als Denkmalschutzprojekt von Kinzo i umgestaltet, dient es heute als Innovationszentrum für ein Medizintechnikunternehmen und verfügt über Ausstellungs-, Konferenz- und Schulungsräume. Kinzos Rolle erstreckte sich über die Innenarchitektur hinaus auf die Erkundung und Kartierung der Schichten des Gebäudes, die von Restauratoren sorgfältig restauriert wurden, um historische Fragmente in das Gesamtdesign zu integrieren. Neue Elemente betonen die Verwendung von Stahl, entweder roh oder mattschwarz, und spiegeln das industrielle Erbe des Postfuhramts wider. Der neu gestaltete Arbeitsbereich soll flexible Team- und Projektstrukturen unterstützen, wie beispielsweise in den iLofts im Dachgeschoss zum Ausdruck kommt, die vielseitige Büroflächen, Besprechungsräume, Lounges, Rückzugsmöglichkeiten und eine Bibliothek bieten. Die historische Fragmentierung ist sowohl spürbar als auch teilweise sichtbar und verschmilzt harmonisch mit zeitgenössischen Eingriffen.